Ziel 1: Fahrradstraßen für mehr Sicherheit im Straßenverkehr

von Christian Hader, Andreas Irmisch

Viele Menschen meiden das Fahrrad als Verkehrsmittel, da sie sich durch motorisierte Verkehrsteilnehmer an den Rand gedrängt fühlen. Ein hohes Verkehrsaufkommen und eine im Verhältnis zu Radfahrenden hohe Geschwindigkeit verursachen ein subjektives Unsicherheitsgefühl. Auf Grund der vorhandenen baulichen Infrastruktur und beengter Platzverhältnisse ist allerdings nicht überall in Bamberg eine räumliche Trennung zwischen Radfahrenden und motorisierten Verkehrsteilnehmern möglich oder sinnvoll.

Im gesamten Stadtgebiet sollen daher bis Ende 2018 all diejenigen Einbahnstraßen für den Radverkehr geöffnet werden, bei denen dies straßenverkehrsrechtlich möglich ist. Darüber hinaus sollen von jeweils einschließlich 2018 bis mindestens 2020 pro Jahr 10 Kilometer Fahrradstraßen neu eingerichtet werden. Radfahrende dürfen hier nebeneinander fahren, die Fahrradstraße soll - wenn möglich - Vorfahrt vor kreuzenden Straßen erhalten, und es sollen Maßnahmen ergriffen werden, die den Verkehr verlangsamen.

Kreuzung an einer Fahrradstraße (Quelle: Graf, Thiemo: Handbuch: Radverkehr in der Kommune, 2016)

Die Einrichtung der Fahrradstraßen soll vorrangig in Wohngebieten, Nebenstraßen und der Altstadt/ im Innenstadtkern erfolgen. Mit der Einrichtung von Lieferzonen an geeigneten Stellen wird auch der Warenverkehr nicht ausgesperrt, sondern erhält den nötigen Platz, um Einzelhandel und Privathaushalte zu beliefern. Der Radverkehr wird allerdings Vorrang haben.
Die Ausweisung von Fahrradstraßen wird an vielen Stellen ohne größeren Aufwand oder bauliche Veränderungen möglich sein, es bedarf im Wesentlichen einiger Schilder und Markierungen. Das ist schnell gemacht und kostengünstig. Es gibt auch bereits einige Fahrradstraßen, die es teilweise zu verbessern und vor allem in ein zusammenhängendes Netz zu integrieren gilt. Vorrangig geht es also darum, Lücken des bereits existierenden Netzes zu schließen und gute, sichere und abgasarme Strecken quer durch die Stadt und besonders in der Nähe von Schulen zu schaffen.

Fahrradstraße vor Schule (Quelle: Miriam Friedrich/Radentscheid Bamberg)

Mehr Platz und Sicherheit für alle

Für eine lebenswerte Stadt ist es erstrebenswert, dass sich die Gestaltung des öffentlichen Raums an den Bedürfnissen der Bewohner orientiert. Dazu muss die Raumzuteilung so geändert werden, dass mehr Raum für Anwohner, Fußgänger, spielende Kinder und Radfahrer entsteht. Wenn dies in größeren Bereichen erfolgt, werden sich Menschen dort gerne aufhalten, sie werden dort eher einkaufen und ihre Wege eher mit dem Fahrrad zurücklegen, weil weniger gefährliche Begegnungen mit wesentlichen schnelleren Fahrzeugen vorkommen. Trotzdem bleibt für Anwohnerfahrzeuge und Lieferverkehr eine Infrastruktur verfügbar, die jedoch eine reduzierte Geschwindigkeit erzwingt und somit weniger Unfälle hervorruft.


Aufenthaltsqualität in der Autostadt Stuttgart

Viele Radfahrer werden die für sie attraktivere Strecke auf den Nebenstraßen nutzen. Hierdurch wird das Konfliktpotential auf den Hauptverkehrsrouten und somit auch das Stresslevel für Verkehrsteilnehmer, welche auf das Auto angewiesen sind, reduziert. Mit den Fahrradstraßen soll auch für weniger routinierte Radfahrer, Senioren und Kinder die Möglichkeit geschaffen werden, sich flexibel und sicher fortbewegen zu können.

Sicherheitsgefühl bei jeweiliger Radverkehrsführung (Quelle: Graf, Thiemo: Handbuch: Radverkehr in der Kommune, 2016)

Auf den autoverkehrsberuhigten neuen Fahrradstraßen-Routen können Eltern ihre Schulkinder alleine losziehen lassen. Die Elterntaxi-Staus vor Bamberger Schulen werden so passé sein.

Gut für den lokalen Handel

Weniger motorisierter Durchgangsverkehr lässt die Aufenthalts-, Lebens- und Wohnqualität besonders im Umfeld von Fahrradstraßen steigen. Entgegen des hartnäckigen Gerüchts, dass eine Verkehrsberuhigung zu Umsatzeinbußen des lokalen Handels führt, ist gerade das Gegenteil der Fall. In Studien belegt ist zum Beispiel, dass Fahrradfahrende insgesamt mehr, weil häufiger einkaufen.

Die Bedeutung des Verkehrsmittels Fahrrad für den Einzelhandel (Quelle: www.ecf.com)

Und wer in der Freizeit mit dem Rad unterwegs ist, hält eher mal vor einem Schaufenster als ein Autofahrer. Auch die Gastronomie profitiert, wenn die Umgebung nicht von gesundheitsschädlichem und stressverursachendem Verkehrslärm geprägt ist und sich insgesamt mehr Leben auf der Straße abspielt.

Fahrradstraße in der Innenstadt (Quelle: Miriam Friedrich/Radentscheid Bamberg)

In Umfragen und mit Blick auf die Situation in führenden Fahrradstädten wie Kopenhagen und Amsterdam zeigt sich, – und das ist in Zeiten des Klimawandels und steigender Feinstaubbelastung in einer Weltkulturerbestadt mit das wichtigste Argument – dass viele Stadtbewohner gerne häufiger das Auto stehen lassen und auf das Fahrrad steigen würden. Die unsichere Infrastruktur hindert sie aber noch daran.

Unser Fahrradstraßennetz ändert diesen Zustand und wird so dazu führen, dass immer mehr Bambergerinnen und Bamberger häufiger auf das Fahrrad steigen. Ganz nebenbei bleibt öfter mal ein Auto stehen und reduziert so das motorisierte Verkehrsaufkommen. So wird sich die Lebens- und Aufenthaltsqualität in der ganzen Stadt erhöhen und ein Beitrag zu Umwelt- und Klimaschutz geleistet.

Weiterführende Links:

http://www.peopleforbikes.org/blog/entry/selling-biking-perceived-safety-the-barrier-that-still-matters

http://cyclingfallacies.com/de/2/geschaefte-koennten-nicht-beliefert-werden

https://udv.de/de/strasse/stadtstrassen/wege-fuer-radfahrer/fahrradstrassen-und-einbahnstrassen

https://nationaler-radverkehrsplan.de/de/praxis/2rad-1kauf-0emission

http://www.agfk-bayern.de/wirtschaftsrad

http://itstartedwithafight.de/wp-content/uploads/2016/02/ecf-shopping-by-bike.jpg

Graf, Thiemo: Handbuch: Radverkehr in der Kommune, 2016