Ziel 5: Drei Kreuzungen pro Jahr für alle sicherer machen

von Christian Hader, Sarah Swift

Innerorts passieren die meisten Unfälle an Kreuzungen, wo besonders Fahrradfahrer und Fußgänger als schwächere Verkehrsteilnehmer gefährdet sind. Wer z.B. die Unfallberichte im Fränkischen Tag verfolgt, liest dort häufig von der Schuldverteilung zwischen den Beteiligten. Gerade Autofahrer haben es an unübersichtlichen Kreuzungen jedoch oft nicht leicht, den Überblick über alle Verkehrsteilnehmer zu behalten. Die Gestaltung von Kreuzungen mit klaren Sichtbeziehungen ist daher der Schlüssel zu mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer. Menschliches Leben ist nicht verhandelbar, jeder verunglückte Verkehrsteilnehmer ist einer zu viel. Die Verantwortlichen der Stadt Bamberg müssen endlich die Sicherheitsprobleme an objektiv und vor allem auch subjektiv gefährlichen Knotenpunkten beseitigen.

Drei sicherere Kreuzungen pro Jahr nach dem Vorbild der “geschützten Kreuzung” (protected intersections/dutch junction design.)

Jährlich sollen in Bamberg ab 2018 mindestens drei der gefährlichsten Kreuzungen umgebaut und die jeweiligen Gefahrenquellen für Radfahrer und Fußgänger beseitigt werden. Der Handlungsbedarf wird jährlich ermittelt. Dabei sollen vor allem Kreuzungen mit erhöhten Unfallzahlen umgebaut werden – aber auch solche, wo sich Radfahrer unsicher fühlen. Denn es muss nicht erst ein Unfall geschehen, um erkennbare Risiken zu vermeiden. Auch Beinahe-Unfälle werden so mittels geeigneter Bürgerbeteiligung berücksichtigt (Der Bürgerdialog der Stadt Bamberg ist hierfür keine geeignete Plattform). Hier wird ermittelt, wo Radfahrer sich unsicher fühlen. Nicht zuletzt werden durch eine als sicher wahrgenommene Infrastruktur auch viele Menschen aufs Rad umsteigen, die es bislang stehen gelassen haben.

Zudem sollen alle fünf Jahre Radfahrer nach den aus ihrer Sicht unsichersten Kreuzungen in Bamberg befragt werden. Damit aber nicht weiter jahrelang gewartet werden muss, bis eine unsichere Kreuzung entschärft wird, soll nach jedem schweren Unfall mit Beteiligung von Radfahrern und Fußgängern geprüft werden, ob die Gestaltung der Kreuzung zu den Ursachen gezählt werden muss. Bei den meisten der sog. Rechtsabbiegerunfälle (Rad geradeaus, Auto biegt ab) ist dies der Fall. Hätte ein besseres Kreuzungsdesign diesen Unfall verhindert, muss rasch gehandelt werden. Das heißt: Innerhalb von sechs Monaten müssen die Gefahren durch bauliche Maßnahmen oder Änderungen der Verkehrsführung beseitigt werden. Dies geschieht zusätzlich zu obigen jährlichen drei Umbauten.

Wie man eine Kreuzung sicher umbaut

Die Umsetzung im Detail ist natürlich Aufgabe der Verwaltung und Planer. Grundvoraussetzung für eine sichere Kreuzung bleibt jedoch, dass sich alle Verkehrsteilnehmer sehen können. Damit Kreuzungen nicht zugeparkt werden, kann der Kreuzungsbereich zum Beispiel durch eine vorgezogene Bordsteinkante freigehalten werden. Eventuell sind auch Poller notwendig. Der so geschaffene Bereich bietet Platz für Fußgänger oder auch für Fahrradbügel. Außerdem reduziert eine solche Gehwegvorstreckung die Abbiegegeschwindigkeit der Autos und Lastwagen und ermöglicht den Fahrern einen besseren Blickwinkel auf Radfahrer und Fußgänger.

Sicheres Kreuzungsdesign (Graf, Thiemo: Handbuch: Radverkehr in der Kommune, 2016)

Darüber hinaus begrüßen wir es, wenn sich Planer mit dem Konzept der geschützten Kreuzung (protected intersection/ dutch junction design) auseinandersetzen. Diese Gestaltung kommt aus den Niederlanden, dem sichersten Land der Welt für Radfahrer. Das Design scheint geeignet, die Zahl der Abbiegeunfälle deutlich zu verringern. Zusätzlich steigt auch das subjektive Sicherheitsempfinden an Kreuzungen.


“Sicheres Kreuzungsdesign in den Niederlanden”

So können sich Autofahrer, Radler und Fußgänger frühzeitig sehen, wie es auch jedes Regelwerk für den Bau von Radverkehrsanlagen vorsieht. In der Praxis sieht es leider oft anders aus. Nachlässiges städtisches Handeln zum Nachteil der schwächeren Verkehrsteilnehmer wollen wir nicht länger hinnehmen – eine zuletzt wieder steigende Anzahl an getöteten und verletzten Fußgängern und Radfahrern im Jahr 2015 mahnt zur Handlung. Städtische Beileidsbekundungen machen Bambergs Kreuzungen nicht sicherer.

Verhältnis Radverkehrsanteil zu Verletzten (Quelle: Graf, Thiemo: Handbuch: Radverkehr in der Kommune, 2016)

Damit Radfahrende besser gesehen werden, sollen jedes Jahr an zehn geeigneten Kreuzungen mit Ampeln zudem vorgezogene Aufstellzonen über die gesamte Fahrbahnbreite markiert werden. Hier können sich Radler während einer Rotphase sammeln und gemeinsam losfahren. Diese Methode hat sich bereits in anderen Städten bewährt und kommt, wie auch die anderen Maßnahmen, allen Verkehrsteilnehmern zugute: Alle haben sich besser im Blick und die Radler fahren schon zu Beginn der Grünphase über die Kreuzung. Ein entspannteres Miteinander im Verkehr wird so unterstützt.

Weiterführende Links:

https://bicycledutch.wordpress.com/2014/02/23/junction-design-in-the-netherlands

http://www.peopleforbikes.org/blog/entry/video-argues-that-protected-bike-lanes-need-protected-intersections

http://usa.streetsblog.org/2017/01/03/protected-intersections-in-the-u-s-from-zero-to-12-in-two-years

https://www.radlobby.at/sites/default/files/atoms/files/20131029_vorschlag3_vorgezogenehaltelinie.pdf

https://www.wienzufuss.at/wp-content/uploads/sites/3/2016/06/Sicherheitsdossier_Toter-Winkel-Lkw_2016-April.pdf

https://geo.osnabrueck.de/rvp/start#